Deloitte: Medienunternehmen werden schlecht gesteuert

Kein Weihnachtsgeschenk für Medienmanager: Die Deloitte-Studie „Voll im Bild?“ zur Unternehmenssteuerung von Medienunternehmen, veröffentlicht am ersten Weihnachtsfeiertag, stellt ihnen ein schlechtes Zeugnis aus: Kein Unternehmen ist optimal für das digitale Zeitalter gerüstet. „Deutsche Medienunternehmen sind in puncto Unternehmenssteuerung noch nicht optimal auf aktuelle und künftige Anforderungen ausgerichtet. Das gilt für Steuerungsobjekte und -größen, aber auch für die gesamte Steuerungsorganisation und -prozesse“, heißt es in der Pressemitteilung.

Zwar hätten die Unternehmen ihre Geschäftsmodelle schon größtenteils an die Umbrüche der Branche angepasst – bei administrativen Funktionen sei dies jedoch überwiegend noch nicht der Fall. Für die Studie „Steuerung von Medienunternehmen im digitalen Zeitalter“ wurden Unternehmensvertreter aus dem deutsch- sowie englischsprachigen Raum befragt. Bereits im November konstatierten in einer Untersuchung die Berater von Horvath & Partners zu den Online-Management-Fähigkeiten deutscher Medienunternehmen: „Keine Strategie, keine Planung, keine Steuerung und wenig Erfolg.“

„Kaum eine andere Branche durchlebt einen so radikalen Veränderungsprozess wie die Medienbranche. Die Vielfalt der Medienarten und -kanäle, veränderte Konsumgewohnheiten sowie neue Wettbewerber sind nur einige Aspekte. Den Unternehmen ist klar, dass sie sich verändern müssen, um die neuen Herausforderungen zu bewältigen – sie wissen nur noch nicht wie“, so Klaus Böhm, Director Media bei Deloitte. „Unsere Studie untersuchte inhaltliche, organisatorische, Prozess- und IT-bezogene Aspekte der Unternehmenssteuerung.“

Auf der inhaltlichen Ebene standen Steuerungsobjekte im Fokus der Untersuchung, die an das Geschäftsmodell angepasst und entsprechend priorisiert werden müssten. Die traditionelle Steuerungssicht „Region-Kanal-Produkt“ sei heute nicht mehr zeitgemäß, so die Berater. Der einzelne Kanal rücke in den Hintergrund, da Erlöse heute aus den verschiedensten Verwertungsformen resultierten. Der Fokus verschiebe sich auf die Inhalte. Auch das Land/die Region verliert aufgrund der Internationalisierung an Bedeutung. Gerade in der Medienbranche zeigte sich, dass sich die Unternehmenssteuerung und damit das Controlling extrem von den Erlösmodellen entfernt hätten.

Informationen zu Profitabilität einzelner Produkte/Kunden fehlen

Die Unternehmenssteuerungsgrößen seien ausschlaggebend für ein aussagekräftiges Bild auf Umsatz- und Kostentreiber. Bislang reichten die Betrachtung klassischer Renditegrößen, also vergangenheitsorientierter monetärer Kennzahlen, aus, so das Autorenteam um Klaus Böhm. Heute sei das Bild diversifizierter, Cash flow und vor allem nicht-finanzielle Größen (Inhaltequalität, Kundenzufriedenheit, etc.), aber auch Ergebnisrechnungen bekämen eine größere Bedeutung. Allerdings seien nur wenige Unternehmen bisher in der Lage, kanalübergreifend alle Erlöse und Kosten einem spezifischen Projekt zuzuordnen. Zum Beispiel würden von kaum einem Unternehmen Werbekunden-Ergebnisrechnungen genutzt, so die Untersuchung. Insgesamt herrsche Unsicherheit, welche Größen Bedeutung für die Unternehmenssteuerung haben sollten.

Steuerungsorganisation: Controlling braucht mehr Entscheidungseinfluss

Da es bisher keine konzernübergreifende Einbindung des Controllings gebe, so Deolitte, beständen bei der Organisation der Unternehmenssteuerung große Defizite. Das Controlling deutschsprachiger Unternehmen sei weiterhin „innerhalb des Finanzbereiches isoliert“ und nicht an geschäftsspezifischen Entscheidungen beteiligt. Bei angelsächsischen Unternehmen hingegen sei es bereits in Entscheidungen der Preisfindung, Projektpriorisierung etc. eingebunden. Die Notwendigkeit einer funktionalen und organisatorischen Verknüpfung des Controllings mit anderen Unternehmensbereichen werde allerdings von den meisten deutschen Umfrageteilnehmern gesehen, so die Autoren.

Steuerungsprozesse: Strategische und operative Planung müssen integriert werden

Das sich verändernde Medienumfeld verlange nach einer flexiblen und schnellen Steuerung. Laut Studie begnüge sich die Mehrheit der Befragten hier mit traditionellen Prozessen und verfüge weder für Planungs- noch für Reportingaufgaben über eine adäquate IT-Infrastruktur. Die deutschen Medienunternehmen konstatierten auch einen großen Handlungsbedarf bei besserer Integration und effizienterer Gestaltung des Projektcontrollings, insbesondere für die Integration von strategischer und operativer Planung, so die Studie. Eine solche Integration existiere in den meisten Fällen nicht: „Die Planung ist immer noch sehr kostenstellenorientiert – der Wandel der Geschäftsmodelle verlangt neue Ansätze. Es gilt, ein übergeordnetes Planungssystem zu schaffen, das einer zyklischen Finanzplanung sowie einer unterjährigen Reallokation von Ressourcen auf Projektebene gleichermaßen gerecht wird“, heißt es in der Pressemitteilung.

„Zu einer optimalen Unternehmenssteuerung gehören unter anderem die Ausrichtung auf kanal- und regionenübergreifende Produkte, Profitabilitätsrechnungen über alle Verwertungsstufen hinweg, die Verankerung von nicht-finanziellen Kennzahlen auf allen Steuerungsebenen sowie die Institutionalisierung des Controllings bei operativen Steuerungsprozessen. Dieser Idealzustand wird bisher von keinem teilnehmenden Medienunternehmen erreicht – überdies werden die Unternehmen ihre Steuerung künftig sogar noch stärker auf die Elemente der Wertschöpfungskette fokussieren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Nicolai Andersen, Experte für Controlling in der Telekommunikations- und Medienindustrie bei Deloitte.

Hier gibt es die komplette Deloitte-Studie „Voll im Bild: Steuerung von Medienunternehmen im digitalen Zeitalter“ (PDF, 560 KB, Dezember 2008) zum Download.

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