Buchmesse-Umfrage: Wohin führt die Digitalisierung?

Global Player wie Amazon und Google sind neben den Konsumenten der Motor der Digitalisierung weltweit – so das Ergebnis einer groß angelegten Umfrage der Frankfurter Buchmesse, an der mehr als 1.000 Fachleute aus rund 30 Ländern teilnahmen. Wie wird die Digitalisierung die Zukunft des Verlagswesens beeinflussen? Welche werden als die treibenden Kräfte in diesem Prozess angesehen? Die erstaunlichsten Einschätzungen und wichtigsten Ergebnisse der Umfrage, laut Pressemitteilung:

  • Chinas Einfluss im internationalen Verlagswesen wird sich im digitalen Bereich in den nächsten fünf Jahren verdreifachen.
  • Treibende Kräfte in diesem Prozess sind nach Ansicht der Branchenexperten nicht nur die Verbraucher, sondern auch Global Player wie Amazon und Google.
  • 2018 wird der Absatz von digitalen Inhalten den traditioneller Bücher überholen, so die Prognose der Befragten.
  • Der Online-Handel mit Büchern wird als wichtigste Entwicklung der letzten 60 Jahre bezeichnet.

60 Jahre Frankfurter BuchmesseDie Umfrage wurde im Online-Newsletter mit aktuell 36.000 Abonnenten der Frankfurter Buchmesse durchgeführt. 1.025 Fachleute beteiligten sich an der Befragung. Mehr als 70 Prozent der Befragten gaben dabei an, sie fühlten sich für die digitale Herausforderung gerüstet. Dabei gehen die Ansichten über die zukünftige Entwicklung von E-Books und von digitalen Inhalten einerseits und gedruckten Büchern andererseits allerdings stark auseinander: So erwarten 40 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass der Absatz von digitalen Inhalten den traditioneller Bücher bereits im Jahr 2018 überflügeln wird. Dagegen ist aber ein Drittel der Befragten der Überzeugung, dass diese Situation niemals eintreten wird, teilten die Messeveranstalter mit

Zumindest in den nächsten fünf Jahren wird digitalen Inhalten noch nicht der Siegeszug über das gedruckte Buch zugetraut – darin ist sich die Befragten weitgehend einig: 60 Prozent erwarten, dass der Markt auch in fünf Jahren noch von herkömmlichen Büchern beherrscht wird. Nur wenige halten es für möglich, dass E-Books (sieben Prozent) oder E-Reader (zwei Prozent) bis zum Jahr 2013 zu einer Haupteinkommensquelle werden könnten. Kein Wunder: Schließlich geben fast 60 Prozent der Befragten ebenfalls an, selbst weder E-Books noch E-Reader zu nutzen. Dennoch sind die Fachleute der Ansicht, dass sich die Haltung der Verbraucher ändern wird. Mehr als die Hälfte glaubt, dass Internet-Nutzer in fünf Jahren eher bereit sein werden, für digitale Inhalte zu bezahlen.

Auf die Frage, wer die treibende Kraft hinter dem Prozess der Digitalisierung in der internationalen Buchbranche sei, sagten nur sieben Prozent, es seien die Verleger. 22 Prozent trauen den Verbrauchern den meisten Einfluss zu und sehen sie als Motor des Prozesses. Ähnlich häufig genannt wurden auch Online-Händler wie Amazon (21 Prozent) sowie Google (20 Prozent) und die Telekommunikationsindustrie (13 Prozent). Weit abgeschlagen sind die eigentlichen Hersteller der Inhalte: Nur zwei Prozent geben an, die Digitalisierung werde von den Schriftstellern vorangetrieben. Das Schlusslicht bilden die Regierungen der Länder mit einem Prozent.

Obwohl 70 Prozent der Befragten nach eigener Einschätzung auf die digitale Herausforderung vorbereitet seien, ist man sich darin einig, dass bestimmte Fragen nur gemeinschaftlich angegangen werden könnten. Die folgenden vier Hauptprobleme der Branche sollen bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse ausführlich besprochen und Lösungsansätze diskutiert werden:

  • Copyright (28 Prozent)
  • Management von digitalen Rechten (DRM) (22 Prozent)
  • Standardformate, z. B. epub (21 Prozent)
  • Preisbindung (16 Prozent)

Auf die Frage nach dem Stand der Vorbereitungen bei der eigenen Firma nannten die Teilnehmer der Umfrage drei Hauptbereiche, in denen ihrer Ansicht nach noch Handlungsbedarf besteht:

  • Wissen und Strategien: Dazu gehören die Marktforschung sowie die Beherrschung und Entwicklung neuer Geschäftsmodelle (26 Prozent).
  • Vernetzung mit neuen Kooperationen und Geschäftspartnern (22 Prozent)
  • Technische Infrastruktur (20 Prozent)

Die Digitalisierung eröffnet neue Bereiche für die Zusammenarbeit. In der Umfrage wurde daher auch erfragt, mit welchen anderen Sektoren die Verlagsbranche nach Ansicht der Fachleute enger zusammenarbeiten sollte. 22 Prozent sehen Handy-Hersteller und –Netzbetreiber, also die Telekommunikationsindustrie, als die wichtigsten Partner der Zukunft. Danach genannt wurden die Filmbranche (20 Prozent), Produzenten anderer Konsumgüter (19 Prozent) und die Musikbranche (18 Prozent). Lediglich 13 Prozent sind der Ansicht, dass die Spieleindustrie ein wichtiger Partner für die Zukunft darstellen würde.

Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, kommentiert die Ergebnisse der Branchenumfrage so: „Bei der Frankfurter Buchmesse kommen Tausende von Fachleuten aus Verlagen und Medien zusammen, und die jährliche Umfrage bietet uns die Möglichkeit, eine Bestandsaufnahme neuer Trends und Veränderungen in der Branche zu erstellen. Die faszinierenden Erkenntnisse der diesjährigen Umfrage zeigen, wie die Digitalisierung, die bereits 2007 als die größte Herausforderung an die Buchbranche erkannt wurde, alle Aspekte des Buchhandels in den kommenden Jahren beeinflussen könnte. Die Ergebnisse sind bemerkenswert, wie zum Beispiel die Vorhersage, China werde den digitalen Bereich in den nächsten Jahren beherrschen, die Erkenntnis, dass ein dringender Bedarf an neuen Kooperationen mit anderen Branchen besteht, aber auch die Erwartung, dass trotz aller technologischen Entwicklungen das gedruckte Buch auch in der kommenden Zeit ein wichtiger Faktor bleiben wird. „

Ein Gedanke zu „Buchmesse-Umfrage: Wohin führt die Digitalisierung?“

  1. Glauben, schätzen, meinen.
    Das ist für mein Empfinden der Tenor vieler „Expertenmeinungen“. Es drängt sich der Eindruck auf, das einigen die Digitalisierung nicht schnell genug voran schreitet.

    Die Gründe dafür braucht man nicht lange zu suchen. Es geht um ein Milliardengeschäft. Die einen wollen es nicht verlieren, die anderen es so schnell wie möglich an sich reißen. PRINT wird aber nicht so bald der Vergangenheit angehören, wie manche sich das wünschen mögen. Der Verbraucher/Leser/Käufer hat da seine ganz eigenen Vorlieben und Gewohnheiten und wird nicht so bald auf sein „Gedrucktes“ verzichten wollen.

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