Studie: Leser schätzen Bindung, Orientierung, Überraschung und Haptik

Wer immer mehr Zeit mit dem Internet verbringt, der lässt nicht zwangsläufig Zeitungen und Zeitschriften links liegen, so die Studie „Print-Nutzung in Zeiten digitalisierten Contents“ der TNS Emnid Medienforschung. Knapp 40 Prozent der Befragten gaben dort an, dass sie heute das Internet häufiger als noch vor fünf Jahren nutzen. Ein Fünftel (22 Prozent) spricht von gleichbleibender Häufigkeit, so die Pressemitteilung.

Jedes Medienformat hat sich in dem derzeit sehr dynamischen Kommunikationsmarkt zu behaupten. Der Nutzer kann aus einem immer größeren Informations- und Unterhaltungsangebot auswählen. Dies gehe – entgegen der Fachdiskussion – jedoch nicht nur zu Lasten von Print, wie die vorliegenden Befragungsergebnisse zeigten, so TNS Emnid. Für die Forscher steht nach ihrer jüngsten Studie im Rahmen der Themenreihe „Das Mediennutzungsverhalten der Deutschen“ fest: „Vielmehr profitieren Printformate vonhabitualisiertem Nutzungsverhalten, haptischem Erleben, starker Glaubwürdigkeit und einer Orientierungsfunktion für die digitale Welt. In einem vielfältigen Angebot, das dem Nutzer zur Verfügung steht, lässt sich so mit konsequente(re)n Medienmarkenstrategie ein konkurrenzfähiges Angebot auch auf Papier machen: Das nicht mehr nur von den historisch gewachsenen Vorteilen lebt, sondern aus den formalen Stärken des Mediums in Kombination mit der Einlösung von inhaltlichen Markenversprechen ein zukunftsfähiges Produkt entwickelt.“

Allgemein stellten die Bielefelder Medienforscher „eine stabile und sogar steigende Nutzung von Printmedien bei gleichzeitig wachsendem Internetkonsum“ fest. Knapp 40 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie das Internet heute häufiger als noch vor fünf Jahren nutzen würden. Ein Fünftel (22 Prozent) spricht von gleichbleibender Häufigkeit. 61 Prozent der Deutschen, so die repräsentative Studie, gaben auch an, dass ihre Nutzungsfrequenz bezogen auf Zeitschriften oder Zeitungen sogar unverändert sei. 22 Prozent lesen nach eigenen Angaben heute seltener in Printmedien als noch vor fünf Jahren. Dagegen nannten 16 Prozent der Befragten einer häufigere Nutzung der Printmedien. Letztere gehörten vor allem zur jungen Zielgruppe im Alter zwischen 14 und 29 Jahren.

„Für eine stabile Mediennutzung von Printerzeugnissen sorgen vor allem eine hohe Leser-Blatt-Bindung (47 Prozent), die haptische Anmutung des Papierformates („Ich blättere gern darin“, 47 Prozent) und die Nutzungsgewohnheit (beispielsweise die Tageszeitung am Frühstückstisch
lesen, 43 Prozent). Die gleichen Argumente geben auch die Befragten mit gestiegener Printnutzung an und erklären zudem, dass sie sich gern von jeder neuen Ausgabe ihrer Zeitung oder Zeitschrift überraschen lassen (24 Prozent) und nicht auf die glaubwürdigen und gut recherchierten Informationen verzichten wollen (31 Prozent)“, so die Studie.

Ein Drittel der Deutschen mit gestiegenem Internetkonsum liest die eigenen Printtitel wie gewohnt weiter, ermittelten die Medienforscher von TNS Emnid. Neben der Bindung an die eigenen Titel und das habitualisierte Leseverhalten sei es auch hier die hohe Glaubwürdigkeit der Printformate, die für das bedruckte Papier sprächen. Selbst Onliner schätzen die unabhängige, mobile Nutzung von Papierformaten.

„Print sorgt für Orientierung, gerade bei steigender Internetnutzung“, schreiben die Studienautoren: „Ja, es gibt sie: Mediennutzer, die trotz gestiegenen Internetkonsums auch verstärkt zu Printformaten greifen. In dieser Gruppe wurde noch einmal genauer nachgefragt, welche Gründe zu einem Nutzungsanstieg von Zeitschriften und Zeitungen geführt haben. Diese Argumente sind ergänzende relevante Qualitätsmerkmale, die auch Printformaten in der Zukunft helfen können, sich in einem dynamischen Angebotsumfeld stärker zu profilieren und dauerhaft Bestand zu haben.“
Deshalb seht für die Emnid-Forscher fest, „dass ein gestiegener Orientierungs- und Informationsbedarf zu einem höheren Medienkonsum generell führt.“ Ein Fünftel derjenigen, die beide Mediengattungen (Print und Online) heute häufiger als noch vor fünf Jahren nutzten, suchten in Zeitungen und Zeitschriften Unterstützung und Information zu den neuen Kommunikationstechnologien.

Und auch die Anbieter der klassischen Printmedien haben offenbar auf neue Anforderungen reagiert, so TNS Emnid: Sowohl Offliner (39 Prozent) als auch Onliner (37 Prozent) begründen den gestiegenen Printkonsum mit einem verbesserten Zeitschriften- oder Zeitungsangebot. Offliner (23 Prozent) und Onliner (19 Prozent) berichten gar einen interessanten Titel (neu) entdeckt zu haben.

Die „Kostenlos-Mentalität des Internets“ strahlt auf andere Medien aus, so ein weiteres Ergebnis der Studie „Print-Nutzung in Zeiten digitalisierten Contents“. Über die Hälfte der Befragten mit abnehmender Printaffinität geben an, kein Geld mehr für Informationen in gedruckter Form ausgeben zu wollen, da sie ja schließlich im Internet kostenlos erhältlich sei. Ein Viertel weist in diesem Zusammenhang auf gestiegene Copypreise der Zeitschriften oder Zeitungen hin und begründete damit seine Abwendung von den Papierformaten.
Grundsätzlich zeige diese Argumentation genau den in der Fachwelt diskutieren „Werteverfall“ von Information. „Die Kostenlos-Mentalität, mit der das Internet seinen Erfolgszug begann, ist kaum mehr aufzuhalten und strahlt auf andere Medien ab. Medienanbieter sollten vor diesem Hintergrund die Besonderheiten der einzelnen Kommunikationsangebote – seien es gedruckte oder bewegte Bilder, visuelle oder Audio-Informationen – beibehalten, um die Qualität und Qualifikation des Produzenten deutlich zu kommunizieren. Medienmarkenstrategien können hier wichtige Wegweiser für die Mediennutzer platzieren“, sagte Claudia Knoblauch, Studienleiterin bei TNS Emnid.

Methodensteckbrief: Für die Studie „Print-Nutzung in Zeiten digitalisierten Contents“ wurden insgesamt 1.794 per Zufallsauswahl mit ADM-Mastersample-Verfahren ausgewählte Personen ab 14 Jahren in
persönlichen Interviews (CAPI) befragt, darunter 1.110 Internetnutzer. Die Untersuchung wurde im Zeitraum vom 15. Dezember 2008 bis 1. Februar 2009 durchgeführt.
Die Studie ist Teil der PRINT-Themenreihe „Das Mediennutzungsverhalten der Deutschen“, in der TNS Emnid bereits verschiedenste Fragestellungen untersucht und veröffentlicht hat.

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