Wie Verlage im Web Geld verdienen (können)

Interessante und fundierte Übersicht bei „relevant media. now.“ der Berater-Kollegen von zelect. Wie können Verlage mit ihren Websites Geld verdienen? Geschäftsführer André Hellmann hat acht Punkte ausgemacht:

  • Suchmaschinenoptimierung und Marketing
  • Suchmaschinen-Service für Anzeigenkunden
  • Partner-Anzeigenprogramme
  • eCommerce
  • Lokale/regionale Werbevermarktung
  • Branchenverzeichnisse
  • Paid Services für Nutzer
  • Diversifizierung

Und mir fällt mindestens noch ein neunter Punkt ein: Stellenmarkt.

1. Suchmaschinen-Optimierung und -Marketing

Suchmaschinenoptimierung ist eine wichtige Voraussetzung für mehr Traffic und damit für höhere Erlöse mit trafficabhängiger Online-Werbung. Mit Suchmaschinenmarketing (SEM), also dem Buchen von Keywords bei Googles AdSense und anderen Programmen lasse sich gezielt „Traffic einkaufen“, um bestimme Bereiche der Site oder die gesamte Site stärker zu promoten; auch wenn das derzeit sehr umstritten ist. „Schwachmaschinensuchsinnoptimierung“ fasst es Steffen Büffel („Media Ocean“) in einem Wort zusammen.

2. Suchmaschinen-Service für Anzeigenkunden

Hellmann rät, den eigenen Anzeigenkunden gezielt Services für Keyword-Advertising bei Google & Co. anzubieten, denn irgendwann kämen die Kunden ja selbst darauf, dort Werbung zu schalten. Sein Rat: „Kommen Sie dieser Entwicklung zuvor und bieten Sie diese Leistung als Vermarktungs-Service proaktiv an. Kümmern Sie sich für Ihre Anzeigenkunden um deren Suchmaschinen-Marketing, ebay-Auktionen oder Einträge in Verzeichnissen wie Qype oder meineStadt.de.“

3. Partner-Anzeigenprogramme

Neben der generellen Vermarktung der Site über einen Vermarkter (die größten sind hier im Online-Vermarkterkreis OVK versammelt) sollte man auf den weniger stark frequentierten Seiten passende Angebote von Partner- oder Affiliate-Programme integrieren, für die nur bei Klick, Lead oder Kauf Geld bezahlt werde.

4. eCommerce über Partner

Tipp 4 ist fast identisch mit dem vorhergehenden: Verlage können E-Commerce-Partnerschaften eingehen. Nicht nur mit Amazon, Ebay & Co., sondern auch mit individuelleren Programmen wie z.B. Spreadshirt. Hellmann bleibt aber Realist: „Dadurch werden keine Unsummen fließen, aber Sie verdienen Geld ohne Aufwand für Bestellung, Abwicklung und Forderungsmanagement.“

5. Lokale / Regionale Werbe-Vermarktung

Ein Tipp für Tageszeitungen: Regionale und lokale Kunden auch zu Online-Kunden entwickeln. Das gilt aber auch für Fachverlage: Welche Kunden lassen sich zu Online-Kunden weiterentwickeln? Da sehe ich aber  auch ein Risiko, wie manche schon bei ihrem Online und Print-Stellenmarkt gesehen haben: Die Kunden weichen dankbar auf die günstigere Variante aus und buchen nur noch online… Was kann man dagegen tun? Creative Cross-Media-Pakete schnüren, die Preise für „online only“ so gestalten, dass man lieber gegen einen geringen Aufschlag ein Crossmedia-Paket bucht.

6. Branchenverzeichnisse

Nicht nur für lokale und regionale Tageszeitungen interessant: Branchenverzeichnisse. Gerade Fachverlage lassen hier sehr viel Potential liegen und überlassen die Umsätze branchenfremden neuen Verzeichnisanbietern. Das eigene Branchenverzeichnis ist aber nur so gut wie dessen Suchmaschinensichtbarkeit. Nur derjenige bucht, der über das Verzeichnis bei Google weiter oben steht als mit seiner eigenen Homepage. Ein Verzeichnis ist aber kein Hexenwerk. Hellmann rät: „Haben Sie ein oder zwei flexible Entwickler in der IT- oder Online-Abteilung, dann kriegen Sie das selbst hin. Sonst suchen Sie sich ein kleines Software-Unternehmen mit jungen Leuten; eine einfache Version sollte im unteren fünfstelligen Bereich liegen.“

7. Service-Leistungen für Erlöse von Nutzern

Hellmann ist kein Verteidiger von Paid Content. „Die meisten Verlage, die eine Bezahlinhalte-Strategie online fahren erreichen meist eine Schwelle, wo geringe Erlöse einfach nicht weiter wachsen. Das selbe Phänomen erleben viele Verleger mit ePaper. Geben sie Ihre Inhalte und Archive frei. Sie werden glücklicher mit den Erlösen aus den Partner-Programmen als mit dem, was von Nutzern kommt.“ Aber er rät zu kostenpflichtigen Services, die Mehrwert bieten: „Das Geschäfts-Netzwerk Xing ist so ein Beispiel, wo viele Nutzer über 70 Euro im Jahr ausgeben um mit anderen Menschen in Kontakt und ins Geschäft zu kommen. Denken Sie über Services nach, die es den Nutzern einfacher machen z.B. nichts zu persönlich wichtigen Themen zu verpassen (meine Ortschaft, Nachbarschaft, Straße, Verein, Schule, Arbeitgeber, etc.). Oder indem Sie online Artikel zu bestimmten Themen für den Nutzer personalisiert zusammenfassen.“

Haufe acquisa ProfessionalDas kann ich für Fachverlage nur unterschreiben. Bestes Beispiel ist für mich derzeit die Marketing- und Vertriebs-Fachzeitschrift Acquisa, die für einen Aufpreis zum bisherigen regulären Abo jetzt im Paket den Online-Zugang zum geschlossenen Portal „Acquisa Professional“ verkauft. Wie man aus dem Verlag hört, nicht ohne Erfolg. Hinter „Acquisa Professional“ steckt dann nicht nur das Fachmagazin, sondern auch das Themaportal und ein „Aus- und Weiterbildungscockpit“.

8. Diversifizierung

Hellmann rät, nicht alles auf eine Karte (eine Site) zu setzen, sondern zu diversifizieren. Mit mehreren kleinen und schlanken Projekten steigen die Chancen, auch auf ein richtiges Pferd gesetzt zu haben.

Der Analyse von André Hellmann kann ich nur zustimmen, für Fachverlage würde ich aber mindestens einen weiteren Punkt hinzufügen:

9. Stellenmarkt

Fachkräftemangel, Überalterung der Bevölkerung: Der Stellenmarkt ist für viele Fachverlage eine weitere Chance, Umsatz zu generieren. Mancher fängt klein mit einer einfachen Liste und hinterlegten Anzeigen im PDF-Format an, andere kooperieren mit großen Anbietern wie Jobscout24, Jobware oder Stellenanzeigen.de. Vorteil der Kooperationen: Bei den Anbietern sind verschiedenste Modelle der Zusammenarbeit möglich, von der einfachen Einbindung deren Anzeigen und Bezahlung pro Klick bis hin zur gemeinsamen Vermarktung eines Fachstellenmarktes (z.B. beim kressreport) oder der ausschließlichen technischen Dienstleistung durch die Jobbörsen wie bei den VDI-Nachrichten oder der W&V. Weitere Umsatzchancen sehe ich bei neuen Jobvermittlungsmodellen wie etwa Jobleads, wo Besucher für jede vermittelte bzw. weiterempfohlene Stellenanzeige bezahlt werden, wenn dadurch der richtige Kandidat gefunden wird, und Angebote, die die Unternehmen beim Auf- und Ausbau ihres „Employer Branding“  unterstützen. Damit der eigene Stellenmarkt wirklich erfolgreich werden kann, ist für den Bereich Stellenmarkt, Personal, Aus- und Weiterbildung erst redaktionelle Kompetenz nötig. Und die müssen viele Fachverlage erst aufbauen.

Der Originalarktikel „Die Sorgen der Verleger Teil1: Was mach ich mit meiner Webseite?“ ist im Corporate Blog der zelect GmbH, „relevant media.now.“ erschienen.

8 Gedanken zu „Wie Verlage im Web Geld verdienen (können)“

  1. Manchmal sitze ich halt einfach selbst zu sehr in der Blase – Obwohl ich von den Verlagen komme. Klar sind Märkte aller Art wertvolle Geldquellen; Stellen, Immo, Auto, etc. Zwar ist diese Feld für Verlage kein Zuckerschlecken mehr; dennoch darf der Kopf nicht in den Sand gesteckt werden. In den USA beteiligen wir uns daher an der Initiative http://www.reinventingclassifieds.com, wo Verlagsleute, Experten und Berater gemeinsam Brainstormen, was getan werden kann.

    Danke für die wertvollen Kommentare und essentielle Ergänzung, Herr Pitz!

  2. Pingback: Webnews.de
  3. Vielen Dank für die klare Auflistung.
    Zur Diskussion stelle ich noch die Frage, inwiefern gut aufbereitete Profildaten als Geschäftsmodell taugen. Auf Basis von Nutzungs- und Kaufverhalten der User/Leser ließen sich „behavioural targeting“ Maßnahmen für tatsächlich relevante Produktangebote einsetzten. Verlage könnten Profil-Cluster für Marktforschungszwecke u.ä. anbieten – was in anderen Ländern bereits passiert. Wären solche Geschäftsmodelle nicht auch für Fachverlage denkbar?

  4. Klingt nach einer umfassenden Situationsanalyse bzw. Empfehlungsstrecke. Und machen wir uns nichts vor: In der Suchmaschinenoptimierung liegt noch kolossales Potential, von dem viele Verlage überhaupt nichts ahnen. Und im Bereich eCommerce ist noch viel mehr möglich als Subshops wie am Bsp. Spreadshirt, z.B. zielgruppenadäquate Vertriebskooperationen, oder eine eigenes Shopangebot direkt oder Dritanbieter!

  5. Mir fallen noch zwei weitere Geschäftsmodelle gerade für Fachverlage ein.

    Online-Konferenzen: Viele Verlage organisieren reale Konferenzen und Kongresse. Dies ergänzend online anzubieten biete zusätzliche Erlösquellen für Fachverlage – einige sind – ja auch in Deutschland – damit schon recht erfolgreich. Somit hätten wir also schon den Punkt 10 🙂

    Mein Punkt 11 für Verlage ist das Veranstalten von Online Messen – zusammen mit Online Kongressen und Online Konferenzen. Mit einer Online Messe lassen sich Unternehmen interessante Werbeflächen in Form von Online Messeständen anbieten, die weit mehr – als Banner und Co. können. Sie zeigen Videos (Hype!), Präsentationen und Dokumente und lassen die Kommunikation mit Besuchern über Nachrichtensystem und Videokonferenzen zu. Eine interaktive Werbeflache, die den Direktkontakt zwischen Anbieter und Aussteller fördert. Bedenkt man, dass Messegesellschaften versuchen eine Ganzjahres-Relevanz zu schaffen, indem sie beginnen, redaktionell tätig zu werden – wäre dies eine optimale Antwort.

    Sind die Autoren der Tipps für neue Geschäftsmodelle daran interessiert, eine Online Konferenz für Verlage anzubieten, um die Modell einmal live zu präsentieren ?

    Viele Grüße
    Martin Schulz

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